Die beiden Brüder waren oft unterschiedlicher Auffassung, wie in Nachfolge des Vaters, des Grafen Adolf IV. , regiert werden sollte, aber immerhin waren sie sich einig, dem Wunsch des Vaters zu entsprechen und die Gründung eines Beginenkonvents in Hamburg zu ermöglichen. Der Vater hatte während der Schlacht von Bornhöved das Gelübde abgelegt, ein Kloster zu gründen und Mönch zu werden.
Als sich Adolf IV. 1239 in ein von ihm gegründetes Kloster in Kiel zurückzog, waren der älteste Sohn Johann (geb. 1229) und sein jüngerer Bruder Gerhard (geb. 1232) noch zu jung, um ihr Erbe anzutreten. Deshalb wurde für die Übergangszeit ein Regent bestellt. Die Brüder sollten die holsteinischen Herrschaftsgebiete einschließlich Hamburg sowie das Stammland an der Weser der Grafenfamilie von Schauenburg gemeinsam zusammenhalten, aber das führte zu immer neuem Streit. Immerhin kämpften sie 1247 gemeinsam und erfolgreich gegen die Dänen. Dieser Konflikt zog sich mit wechselnden Bündnissen noch über etliche Jahre hin.
Der gemeinsame Kampf konnte nicht verhindern, dass die Brüder immer wieder im Streit miteinander lagen und schließlich 1261 ihr Herrschaftsgebiet aufteilten. Es entstanden später fünf geschwächte kleine Grafschaften der Schauenburger. Der Hamburger Rat nutzte diese Situation, um die eigene Selbstständigkeit stetig auszuweiten. Johann I. starb 1263, sein Bruder Gerhard I. 1290.
Ein Frauenkonvent an der Steinstraße
Unter Beteiligung ihrer Mutter stellten die beiden Brüder 1255 einvernehmlich einen großen Apfelgarten an der Steinstraße außerhalb der damaligen Hamburger Stadtmauern für einen Beginenkonvent zur Verfügung. Wenige Jahre später wurde das von Mauern geschützte Stadtgebiet deutlich erweitert und umfasste nun auch die Grundstücke am Steindamm. Das zweigeschossige Konventgebäude mit angeschlossenem Garten umgab zusätzlich eine hohe Mauer.
Beginenkonvente waren Gemeinschaften von Frauen, die nach festen Regeln zusammenlebten. Die Beginen waren die größte Frauenbewegung im mittelalterlichen Deutschland. Der Alltag war von Gebeten und Arbeit bestimmt. Die Beginen hatten die Möglichkeit, tagsüber den Konvent zu verlassen, wobei in Hamburg Wert darauf gelegt wurde, dass sie zu zweit in die Stadt gingen. Im Gegensatz zum Kloster bestand im Beginenkonvent jederzeit die Möglichkeit, die Gemeinschaft zu verlassen. Auch konnten Beginen anders als Nonnen über ein eigenes Vermögen verfügen.
Ein hoher Lebensstandard, aber ein Leben unter kirchlicher Kontrolle
Das Leben im Konvent bot also für Frauen, die nicht heiraten wollten, die Möglichkeit, in einer angesehenen Gemeinschaft zu leben, ohne lebenslang in ein Kloster zu gehen. Allerdings konnten nur wohlhabende Frauen zu Beginen werden, denn es mussten ein hohes Aufnahmegeld sowie ein jährliches Kostgeld gezahlt werden. Die Beginen hatten einen hohen Lebensstandard und beschäftigten einen Bäcker, einen Schlachter sowie einige Mägde. Dem Konvent gehörten anfangs zehn Frauen an, später waren es mehr als zwanzig.
Der Konvent wurde von einer Meisterin geleitet, und die Beginen besaßen je nach Alter und Dauer des Aufenthalts im Konvent unterschiedliche Positionen in der Hierarchie. Konnten die Beginen ihre Angelegenheiten zunächst weitgehend selbst regeln, so unterwarf man diese eigenständigen Frauen später einer weitreichenden kirchlichen Kontrolle. Zwar wurde die Meisterin weiterhin von den älteren Beginen gewählt, aber die Wahl bedurfte der Bestätigung durch den Dekan des Doms, der gegenüber der Meisterin weisungsberechtigt war.
Der Beginenkonvent hatte für die Stadt nicht nur eine Bedeutung als Lebensort für alleinstehende Frauen. Die Beginen waren auch in der Gesundheitsversorgung und besonders der Sterbebegleitung tätig und boten Mädchen aus der Stadt die Gelegenheit, eine Schulbildung zu erlangen. Bis zur Reformation überließ der Rat der Stadt die Armenunterstützung, die Versorgung der Kranken und das Bildungswesen so weit wie möglich Klöstern, Kirchen und dem Beginenkonvent. Nach der Reformation wandelte man den Beginenkonvent in ein Stift für unverheiratete Frauen um.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte
© Frank Kürschner-Pelkmann