Theologische Debatte in der ökumenischen Bewegung

 

Da viele lokale und nationale Probleme eine globale Dimension haben, ist es von großer Bedeutung, ob es gelingt, ökumenische Netze zu festigen, die ein gemeinsames Engagement von Christinnen und Christen ermöglichen. In den letzten Jahrzehnten ist die Hoffnung geschwunden, dass es in absehbarer Zukunft die eine, institutionell vereinte Kirche geben wird, ja, es gibt zunehmend Zweifel, ob dies das Ziel sein kann oder ob der geistliche Reichtum der Kirchen nicht gerade in der Vielfalt zum Ausdruck kommt. Um so wichtiger ist es, die vorhandenen und neu entstehenden ökumenischen Formen der länderübergreifenden Zusammenarbeit zu fördern und in Beziehung zueinander zu bringen.

 

Deshalb müssen weltweite und regionale ökumenische Strukturen gefördert werden, zum Beispiel regionale Kirchenkonferenzen, internationale Vereinigungen von Theologinnen und Theologen (wie die Ecumenical Association of Third World Theologians - EATWOT[1]) ökumenische Fachverbände, konfessionelle Weltbünde und der Ökumenische Rat der Kirchen.[2]

 

Ebenso gilt es, die evangelisch-katholische Zusammenarbeit gerade in wirtschaftlichen und sozialen Fragen zu stärken. Auf vielen ökumenischen Konferenzen ist die Frage der Globalisierung ein Thema, aber viel wird davon abhängen, ob die kirchlichen Versammlungen über eine Analyse der Probleme hinauskommen und Wege aufzeigen, wie die weltweite Gemeinschaft der Christen als „Welt“-Kirche Verantwortung wahrnehmen und Alternativen zur bestehenden Globalisierung entwickeln und gemeinsam mit Menschen anderen Glaubens verwirklichen kann.

 

Ob die Kirche einer der Partner auf dem Weg zu einer anderen Wirtschaftsweise und einer neuen Form der Weltgemeinschaft sein wird, muss sich noch zeigen. Sie wird zum schmückenden Beiwerk einer globalen Wirtschaft und zu einem von diversen Anbietern des religiösen Marktes, wenn es nicht gelingt, die befreiende Botschaft des Evangeliums zu einem Bindeglied zwischen Menschen aller Kulturen zu machen, die durch ein gemeinsames Engagement für die eine Welt die Kirche in der Welt lebendig werden lassen.

 

In diesem Abschnitt soll in aller Kürze dargestellt werden, wie ökumenische Zusammenschlüsse die Frage der Globalisierung diskutieren, wobei nur ein kleiner Einblick in die inzwischen sehr breite Diskussion gegeben werden kann. Dabei ist zu beachten, dass diese Zusammenschlüsse davon leben, dass Ökumene nicht nur zwischen Kirchenämtern stattfindet, sondern auch in den Gemeinden und Gruppen. Je besser es gelingt, die Basis in die weltweite ökumenische Bewegung einzubeziehen, desto lebendiger und relevanter wird sie. Zusammenschlüsse wie „Kairos Europa“ tragen wesentlich dazu bei, dass ökumenische Themen in den Kirchen diskutiert werden und dass Anliegen der Basis auf den internationalen ökumenischen Konferenzen zur Sprache kommen, nicht zuletzt Fragen von Gerechtigkeit und Globalisierung.[3]

 

Einbezogen in diese kurze Übersicht wird die weltweite evangelikale Bewegung, die sich zwar nicht im engeren Sinne als Teil der ökumenischen Bewegung versteht, die aber ebenfalls viele Themen und manche Positionen diskutiert, die früher die alleinige Domäne von Zusammenschlüssen wie dem Ökumenischen Rat der Kirchen waren. Wünschenswert wäre es gewesen, zum Beispiel auch die Diskussion in der anglikanischen Weltgemeinschaft zu berücksichtigen, aber das hätte den Rahmen dieser Studie gesprengt.[4]

 

 

Dieser Text ist der 2002 erschienenen Studie „Gott und die Götter der Globalisierung - Die Bibel als Orientierung für eine andere Globalisierung“ entnommen, die das Evangelische Missionswerk in Deutschland herausgegeben wurde.

 

© Evangelisches Missionswerk in Deutschland, Hamburg

 

Verfasser: Frank Kürschner-Pelkmann

 



[1] Einen ersten Einblick in die Diskussion innerhalb von EATWOT gibt das „Dictionary of Third World Theologies“ (New York 2000), das von Virginia Fabella und R. S. Sugirtharajah herausgegeben wurde. Es enthält u. a. einen Beitrag über die Geschichte und Arbeit von EATWOT (S. 70ff.). Bei der 5. Generalversammlung in Quito/Ecuador hat sich EATWOT u. a. mit den Folgen der Globalisierung beschäftigt. Die Schlusserklärung ist erschienen in „Weltkirche“, 9/2001, S. 230ff.; vgl. auch Chung, Sook Ja/Marlene Perera (Hrsg.): Sustaining Spiritualities with Living Faiths in Asia in the Context of Globalization, EATWOT, Colombo 2002

[2] Vgl. auch: „Dient Goot, nicht dem Mammon“, Texte zum Ökumenischen Prozess für Alternativen zur neoliberalen Globalisierung, epd Dokumentation 22/2002

[3] Zu dieser Debatte vgl. Ulrich Duchrow/Franz Josef Hinkelammert: Leben ist mehr als Kapital, Alternativen zur globalen Diktatur des Eigentums, Oberursel 2002

[4] Vgl. zum Beispiel: development matters, Christian perspectives on globalization, London 2001