Gewürznelken, Pfeffer, Muskatnüsse … der Kaufmann Vicko von Geldersen handelte bereits im 14. Jahrhundert mit vielen Gütern, die erst in späteren Jahrhunderten in großen Mengen als „Colonialwaren“ nach Hamburg gelangten. Das „Handlungsbuch“ des hanseatischen Kaufmanns verzeichnet eine beeindruckend lange Liste von Waren, mit denen er Handel betrieb. Ausgangspunkt und Schwerpunkt seiner Geschäfte waren Tuche aus Flandern, die sich durch eine hohe Qualität auszeichneten und die von Geldersen mit Gewinn in Deutschland und im ganzen Ostseeraum weiterverkaufen konnte.
Der Fernhandel verlagerte sich im Laufe des 14. Jahrhunderts immer stärker von der Ostsee in die Häfen an der Nordsee und der Biskaya. So lieferte von Geldersen nicht nur Tuche, sondern auch viele andere Waren aus Flandern nach Lübeck. Neben ihm gab es 1375 weitere 83 Flandernfahrer in Hamburg, die allein oder gemeinsam Schiffe nach Flandern schickten und von dort neben den Tuchen auch die kostbaren Waren holten, die aus dem Mittelmeerraum und Asien dorthin gelangten.
Über den Verfasser des Handlungsbuches und einige weitere seiner Geschäftsbücher ist wenig bekannt. Vicko von Geldersen stammte wahrscheinlich aus dem Dorf Kirchengellersen in der Nähe von Lüneburg. Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt. 1357 wird sein Name erstmals in Zusammenhang mit einem Grundstückskauf in der Hamburger Reichenstraße erwähnt. Sein Handlungsbuch beginnt mit Aufzeichnungen im Jahr 1367, aber es ist davon auszugehen, dass er spätestens von 1360 an als Kaufmann in Hamburg tätig war.
Gewinnbringende internationale Handelsbeziehungen
Die meisten Reisen nach Flandern und zu den Absatzmärkten seiner Waren in Deutschland und im Ostseeraum unternahm Vicko von Geldersen nicht selbst, sondern beauftragte damit Angestellte, sogenannte Scholaren, die über eine höhere Bildung verfügten und auch als Schreiber und Buchhalter eingesetzt wurden. Unter den Waren, mit denen er handelte, waren Pferde, Bier, Feigen, Heringe, Getreide und Schinken. Aber im Zentrum stand weiterhin der Tuchhandel. Er betrieb sowohl einen Groß- als auch einen Einzelhandel und war auf vielen Messen und Märkten vertreten.
Der Ostseeraum blieb dabei von großer Bedeutung. Da die Schiffsreise um die Nordspitze Dänemarks mit beträchtlichen Risiken verbunden war, nutzte der Kaufmann die Möglichkeit, Waren in Lübeck von den Schiffen zu entladen, auf dem Landweg nach Hamburg zu bringen und dann per Schiff in die Niederlande oder nach England zu transportieren.
Als reicher Kaufmann in den Rat der Stadt gewählt
Dem Rat der Stadt gehörten damals reiche Kaufleute an. Der Rat ergänzte sich durch Zuwahl, und gewählt wurden regelmäßig Kaufleute. 1367 erfolgte die Wahl von Geldersen, der rege politische Aktivitäten entfaltete. So vertrat er die Stadt bei Hansetagen und bei Verhandlungen mit einer ganzen Reihe von deutschen Landesherren. Auch in Holland war er in diplomatischer Mission unterwegs. Innerhalb des Rates war er zeitweise einer der beiden Kämmerer und vertrat den Rat zum Beispiel auch 1375 bei den Verhandlungen zur friedlichen Beendigung der Handwerkeraufstände. Die Handwerker hatten vergeblich eine Halbierung ihrer hohen Steuern gefordert, aber der Rat als Vertretung der reichen Kaufleute setzte die Beibehaltung der Steuern durch.
Vicko von Geldersen hatte 1366 Katharina Walkesveld geheiratet, und das Paar hatte zwei Söhne. Dass die Familie in der Reichenstraße wohnte, weist auf ihren Wohlstand hin. Als von Geldern 1391 starb, hinterließ er seinen beiden Söhnen ein großes Vermögen. Er hatte bewiesen, dass auch unter den Bedingungen des Spätmittelalters ein ausgedehnter und vielfältiger internationaler Handel erfolgreich betrieben werden konnte.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte
© Frank Kürschner-Pelkmann