Die Erleichterung der Hamburger Kaufleute war groß, als über siebzig Seeräuber auf dem Grasbrook enthauptet wurden. Darunter soll der berühmte Klaus Störtebeker gewesen sein, sicher ist das aber nicht. Groß war deshalb auch die Dankbarkeit gegenüber den Siegern der Seeschlacht vom 22. April 1401 bei Helgoland, auch gegenüber dem aus Holland eingewanderten Kapitän Simon von Utrecht. Er hatte sich als Schiffskommandant an der Seeschlacht beteiligt und darüber hinaus viel Geld für den Aufbau der Hamburger Flotte gestiftet. Kommandiert hatten zwei Ratsherren die erfolgreiche Flotte, aber Simon von Utrecht kehrte wegen seines überlegten und mutigen Einsatzes in der Seeschlacht als Held nach Hamburg zurück.
Die Hamburger Kaufleute konnten erleichtert feststellen, dass die Bedrohung durch Piraten erst einmal abnahm. Aber eben nur vorübergehend. Denn dank eines entschlossenen Feldzugs preußischer Städte und des Deutschen Ordens hatten die Seeräuber Ende des 13. Jahrhunderts ihre Basis in Visby auf Gotland verloren und machten nun die Nordsee zu ihrem neuen Betätigungsfeld, wo sie den Seehandel Hamburgs empfindlich störten. Vor allem in Ostfriesland fanden die Seeräuber Verbündete, und erneut richteten sich die Hoffnungen der Hamburger Kaufleute auf den Einwanderer aus den Niederlanden.
Ein angesehener militärischer Führer und Diplomat
Wann Simon von Utrecht zur Welt kam, ist heute nicht mehr bekannt. Sein Name verweist darauf, dass er in Utrecht zu Hause war. Er erwarb 1400 das Hamburger Bürgerrecht, muss also einige Zeit vorher in die Stadt gekommen sein. 1405 heiratete er die Tibekke Holste, eine Witwe, die ein bedeutendes Vermögen und einen Sohn in die Ehe einbrachte. 1426 nahm man den Kaufmann in den Rat auf, was darauf hinweist, dass er bereits ein beträchtliches Vermögen besaß, denn nur reiche Kaufleute hatten damals Aussicht, in dieses Gremium berufen zu werden. 1431/32 war er Bürgermeister der Stadt.
Neben seinen Erfolgen als international tätiger Kaufmann trat Simon von Utrecht mehrfach als militärischer Führer für Hamburg auf, so 1431 bei der Eroberung Flensburgs. Auch der Kampf gegen die Seeräuberei ging weiter, und 1433 eroberte eine Hamburger Flotte unter Führung von Simon von Utrecht die ostfriesische Stadt Emden, weil die Seeräuber hier Unterschlupf gefunden hatten.
Außerdem vertrat er die Stadt bei Gesandtschaftsreisen zur Festigung von Hamburgs Beziehungen zu anderen Städten und Staaten. Auch repräsentierte er die Stadt beim Hansetag in Lübeck. Angesichts seiner militärischen und politischen Erfolge überrascht es nicht, dass Simon von Utrecht 1433 zum Ehrenbürgermeister Hamburgs ernannt wurde. Diese Ehre ist vor und nach ihm keinem anderen Hamburger zuteil geworden. Er starb am 14. Oktober 1437 in Hamburg.
Die Simon-von-Utrecht-Straße in St. Pauli erinnert an den Bezwinger der Seeräuber. Am Sockel der Kersten-Miles-Brücke stellte die Stadt ein Standbild des Seefahrers auf. Dieses Standbild störte einige heutige Sympathisanten von früheren und heutigen Piraten. Ein „Kommando Klaus Störtebeker“ stürzte das drei Tonnen schwere Standbild in der Nacht zum 5. Juni 1985, vermutlich mit Hilfe eines Flaschenzuges. Beim Sturz verlor der Seeheld nicht nur das Gleichgewicht, sondern auch die Nase und einen Arm. Die Täter hinterließen am Bauwerk Parolen wie „Wir kriegen alle Pfeffersäcke“ und „Nicht alle Köpfe rollen erst nach 500 Jahren“. Nach der Restaurierung durch einen Steinmetz stand das Standbild zwei Jahre später wieder an seinem angestammten Platz.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte