Cover des Buches "Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte"
Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte, 1016 Seiten ISBN 978-3-384-05017-5 38 Euro

1535 – Anna Büring finanziert den Bau eines Altenstifts

Anna Büring war Anfang des 16. Jahrhunderts die wahrscheinlich reichste Frau Hamburgs, und sie nutzte diesen Reichtum für wohltätige Zwecke. Deshalb ist es angemessen, dass die Bührings­-twiete seit 2017 nicht ausschließlich an den früheren Bürgermeister Henning Büring erinnert, sondern auch an seine Frau Anna.

Anna Sandow kam etwa 1455 zur Welt. Ihr Vater Hans Sandow war Kaufmann, die Mutter Barbara stammte ebenfalls aus einer Kaufmannsfamilie und brachte vermutlich ein Vermögen in die Ehe ein. Als Ehemann für Anna wurde der Kaufmann Henning Büring ausersehen, der Geschäftsverbindungen zu ihrem Vater unterhielt. Durch die Heirat im Jahre 1471 festigte man die wirtschaftlichen Beziehungen durch familiäre Bande. Das war in reichen Familien damals üblich, und dass der Bräutigam etwa zwanzig Jahre älter war als die etwa 16-jährige Braut, hatte allenfalls eine sekundärer Bedeutung. Henning und Anna Büring haben trotzdem eine gute Ehe geführt, und nach seinem Tod hat sie nicht erneut geheiratet.

Henning Bühring war erfolgreich als Kaufmann und Ratsherr

Henning Büring stammte aus Hildesheim und war 1467 nach Hamburg gekommen. Er betrieb einen intensiven Handel mit England und erwarb ein so großes Vermögen, dass er 1469 in den Rat der Stadt aufgenommen wurde, wo reiche Kaufleute weitestgehend unter sich waren und ihre Interessen politisch durchsetzen konnten. Ratsherr Büring hatte ein großes Interesse daran, dass die Hansestädte ihre Privilegien im Handel mit England behielten, während aufstrebende englische Kaufleute eben diese Privilegien abschaffen wollten. Die Konflikte eskalierten nach der Kaperung von Handelsschiffen der Hanse durch englische Kriegsschiffe und die anschließende Kaperung englischer Schiffe durch Kaperschiffe der Hanse. Auch Henning Büring führte eines dieser Kaperschiffe. Hans Sandow und Henning Büring taten sich auch als Waffenlieferanten für die Hanse hervor. Der Hansisch-Englische Krieg endete 1474 mit dem Frieden von Utrecht, an dem Henning Büring mitwirkte. Der Vertrag bestätigte die Privilegien der Hanse-Kauf­leute in England und sprach der Hanse eine Entschädigung zu. Für Bühring war das ein politischer Erfolg und ebenso ein geschäftlicher.

Er widmete sich weiterhin neben seiner Tätigkeit als Kaufmann auch der Vertretung der Interessen Hamburgs bei Reisen im Auftrag des Rates in andere Länder und Städte. Häufig kümmerte er sich bei seinen etwa 60 Reisen sowohl um die Anliegen der Stadt als auch um eigene Geschäfte. 1486 wählte ihn der Rat zu einem Bürgermeister Hamburgs. 1494 starb sein Geschäftspartner Hans Sandow und vererbte ihm sein Vermögen. Damit waren Henning und Anna Büring endgültig zur reichsten Familie der Stadt aufgestiegen. Da ihre Ehe kinderlos blieb, investierten sie ihr Vermögen in Immobilien, um für das Alter - besonders der jüngeren Anna – vorzusorgen.

Anna Bühring nutzte ihr Vermögen für wohltätige Zwecke

Nach dem Tod von Henning Büring im Jahre 1499 ging seine Witwe umsichtig mit dem Vermögen um und konnte es wahrscheinlich noch vermehren. Ein Zeichen der tiefen Trauer um ihren Mann war zwanzig Jahre nach seinem Tod die Beauftragung eines Künstlers mit einem Tafelgemälde mit der Beweinung des toten Christus. Auf dem Gemälde, das sie der St. Katharinenkirche schenkte, sind auch die trauernden Anna und Henning Büring zu erkennen.

 

Anna Büring überlebte ihren Mann um fast vier Jahrzehnte. Bevor sie 1537 starb, legte sie in ihrem Testament fest, dass das Vermögen zwei Stiftungen zukommen sollte. Sie ermöglichte die Errichtung einer „Aussteuer-Stiftung“ für „arme, ehrliche Jungfrauen“ sowie einer „Anna-Bühring-Testament-Stiftung“ für die Errichtung eines Wohnstifts für bedürftige Menschen. In der Steinstraße entstanden sechzehn Freiwohnungen. Es war eines der ersten Wohnstifte der Stadt und besteht bis heute, nun an der Greflingerstraße. In einem Beitrag über Henning Büring schrieb der Historiker Jürgen Ellermeyer: „Über Henning Büring ließe sich kaum etwas sagen ohne seine Frau … Hätte nicht seine Witwe Anna durch bis heute wohltätige Stiftung auf eine Menge Geld verwiesen und es womöglich mitverdient ...“ 

Mehr über diese Stiftung erfahren Sie hier.

 

Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte

 

© Frank Kürschner-Pelkmann