Cover des Buches "Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte"
Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte, ISBN 978-3-384-05017-5, 1016 Seiten, 38 Euro

1626 - Johan van Valckenburgh verhilft Hamburg zu einer imposanten Festungsan-lage

Gerade noch rechtzeitig, bevor die Kämpfe des Dreißigjährigen Krieges auch Norddeutschland erreichten, wurden die neuen Befestigungsanlagen Hamburgs fertiggestellt. Entworfen und überwacht hatte den Bau der bis zu neun Meter hohen Wallanlagen der holländische Festungsbauer Johan van Valckenburgh. Er bezog eine Fläche von etwa vier Quadratkilometer in das Verteidigungswerk ein, die Stadt wuchs so auf etwa die doppelte Fläche. Der Halbkreis um die Nikolaikirche, der durch die Wälle geschützt wurde, ist heute noch gut erkennbar.

Johan (auch Jan) van Valckenburgh wurde etwa 1575 in den Niederlanden geboren und sammelte zunächst Erfahrungen als Ingenieursoffizier und Festungsbaufachmann in seiner Heimat. Bevor er 1615 den Auftrag in Hamburg erhielt, hatte er sich bereits in Lüneburg und Lübeck als Festungsbaumeister bewährt. Der Bedarf an Festungen war in dieser Zeit groß. Nicht nur schwelten die Konflikte zwischen katholisch und protestantisch regierten Staaten, sondern auch die verbesserte Waffentechnik erforderte dringend neue Verteidigungskonzepte. Die neuen Vorderladerkanonen schossen weiter und besaßen eine größere Zerstörungskraft. Die bis dahin weit verbreiteten Stadtmauern hielten einem längeren Beschuss nicht stand, sondern fielen in sich zusammen.

Die nach Plänen von Valckenburg entstandene Festungsanlage schreckte alle Feinde ab

Valckenburgh setzte deshalb in Hamburg auf hohe und breite Stadtwälle, die mit spitzen Holzpfählen bewehrt waren. Vor den Wällen ließ er breite Wassergräben anlegen. Jenseits dieser Gräben boten freie, zum Wasser leicht abschüssige Flächen ein gutes Schussfeld auf angreifende Feinde. Besondere Aufmerksamkeit schenkte Valckenburgh den Toren, die so wehrhaft angelegt waren, dass sie keine Einfallsmöglichkeiten für Feinde boten. Zweiundzwanzig Bastionen ermöglichten es, heranstürmende Feinde auch von der Seite unter Feuer zu nehmen. Etwa 300 Kanonen schreckten jeden Feind ab.

Valckenburgh bezog die Geestrücken in das Verteidigungswerk ein, damit die Stadt nicht von dort aus beschossen werden konnte. Hier entstanden 11 Vorwerke. Hamburg erhielt so die größte Befestigungsanlage nördlich der Alpen. Damit war selbstverständlich ein hoher Finanzaufwand verbunden. Zehn Jahre lang floss ein Viertel des städtischen Haushalts in dieses Projekt. Die Bürger mussten eine Zusatzsteuer („Grabengeld“) zahlen und außerdem Schanzdienste leisten, also mit dem Spaten in der Hand die Festungswälle aufschichten.

Dank der 1626 vollendeten Festungsanlagen zogen im Dreißigjährigen Krieg alle Heere um die Stadt herum, die so unzerstört und wohlhabend aus dem Krieg hervorging. Auch juristisch stand Hamburg seit dem Juli 1618 besser da, weil das Reichskammergericht der Stadt den Status als Reichsstadt zuerkannt hatte und damit die dänischen Ansprüche auf die Stadt zurückgewiesen werden konnten. Aber im Konfliktfall verließ Hamburg sich lieber auf seine Stadtwälle und Kanonen.

Kaiserliche Truppen unter Tilly und Wallenstein plünderten die Nachbarorte Hamburgs wie Wandsbek und Eppendorf, machten aber gar nicht erst den Versuch, Hamburg zu erobern. Um ganz sicher zu sein, dass die Truppen weiterzogen, zahlte die Stadt den beiden Feldherren hohe Bestechungsgelder. Allerdings wurden die Vierlande, die ohne Schutz durch die Festungsanlage waren, durch die katholischen Truppen geplündert und verwüstet.

Hamburg überstand auch wirtschaftlich den Dreißigjährigen Krieg unbeschadet

Die hohen Kosten der Festungsanlagen rentierten sich für Hamburg, denn es profitierte wirtschaftlich davon, eine sichere Stadt zu sein. Hier wurden nun bevorzugt Bankgeschäfte getätigt und Handelskontrakte abgeschlossen. Auch entwickelte sich die Stadt zur Drehscheibe des florierenden Waffenhandels. Da viele Menschen in das sichere Hamburg flohen, war Hansestadt am Ende des Krieges die reichste und mit etwa 78.000 Einwohnern auch bevölkerungs­reichste Stadt in Deutschland. Nachdem er in Deutschland durch den Bau von zehn Festungsanlagen viel Anerkennung gefunden hatte, zog Valckenburgh zurück in seine Heimat, wo heftige Kämpfe zwischen spanischen und niederländischen Truppen tobten. In der Schlacht um Voorburg in der Nähe von Den Haag fiel er 1625.

 

An den Wallanlagen hat die Patriotische Gesellschaft eine Gedenktafel für Valckenburgh anbringen lassen. In der Nähe hat die Stadt eine Brücke zum Tropengewächshaus und außerdem eine Straße in der Neustadt nach ihm benannt.

 

Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte

 

© Frank Kürschner-Pelkmann