Am 10. Oktober 1683 explodierte das Hamburger Convoyschiff „Wapen von Hamburg“ auf der Reede vor Cádiz. Kapitän und Mannschaftsmitglieder hatten verzweifelt versucht, ein Feuer an Bord des Kriegsschiffes zu löschen. Fünf Stunden fraßen sich die Flammen vom Bug bis zum Heck. Um 1 Uhr nachts war der Kampf verloren. Das Feuer hatte die Pulverkammer erreicht, und eine gewaltige Explosion vernichtete das Schiff. Die Nachricht vom Verlust der wertvollen „Wapen von Hamburg“, die Hamburger Handelsschiffe und Walfangschiffe geschützt hatte, traf die Stadt schwer. Hinzu kam, dass Admiral Karpfanger mit seinem brennenden Schiff untergegangen war.
Der Aufstieg zum erfolgreichen und angesehenen Reeder
Berend Jacobson Karpfanger wurde 1622 als Sohn eines holländischen Kapitäns geboren. Seine Eltern waren vor den spanischen Eroberern ihrer Heimat nach Hamburg geflüchtet. Mit 15 Jahren heuerte der Sohn auf einem Walfangschiff an, eine harte und risikoreiche Arbeit. Zwei Jahre später zog er in die Niederlande, von wo aus er auf einem Handelsschiff die Weltmeere befuhr. Sein Kapitän war der bekannte Michiel de Ruyter, der ihn in Navigation unterrichtete.
Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1648 kehrte Berend Jacobson Karpfanger nach Hamburg zurück. Er übernahm die Reederei der Familie und führte sie erfolgreich weiter. Er heiratete die erst 16-jährige Anna Harmsen und wurde Hamburger Bürger, ein angesehener Bürger, der viele Ehrenämter innehatte. So wählten ihn die Seefahrenden Schiffer zum Vorsteher. Auch hatte er einen Sitz im Kirchenvorstand der St. Michaelisgemeinde. Dort setzte er sich dafür ein, dass die neu erbaute Kirche 1668 einen Turm erhielt.
Der Kapitän von Convoyschiffen wird zum Admiral ernannt
1668 und 1669 konnten die beiden Convoyschiffe „Leopoldus Primus“ und „Wapen von Hamburg“ in Dienst gestellt werden, die die Hamburger Admiralität bauen ließ, um Konvois Hamburger Schiffe vor den häufigen Piratenüberfällen zu schützen. Bei einem einzigen Überfall waren 1622 acht Handelsschiffe verloren gegangen. Es waren nicht nur die Schiffe und ihre Fracht zu beklagen, sondern in Hunderten Fällen musste versucht werden, die in Nordafrika in die Sklaverei verschleppten Besatzungsmitglieder freizukaufen. Mit einer „Sklavenkasse“ wurde hierfür Geld gesammelt. Die beiden Convoyschiffe verfügten über jeweils 54 Kanonen und waren mit schönem Schnitzwerk versehen, sollten sie doch auch Botschafter Hamburgs in fremden Häfen sein.
Karpfanger war von 1677 an Kapitän der „Leopoldus Primus“ und später der „Wapen von Hamburg“. Er fand viel Anerkennung und Bewunderung für seine großen Erfolge im Kampf gegen die nordafrikanischen und französischen Piraten, die selbst die Elbmündung unsicher machten. So gelang es ihm 1678, einen Konvoi von 50 Walfängern vor fünf französischen Piratenschiffen zu schützen. 1674 ernannte die Stadt ihn zum Admiral. Neben den militärischen Erfolgen konnte er auch als Diplomat in fremden Häfen überzeugen.
Der Kapitän bleibt an Bord des brennenden Schiffes
Bei seiner Ernennung zum Admiral hatte er geschworen, bei der Verteidigung „der anvertrauten Flotte mannhaft zu stehen und eher Gut und Blut, Leib und Leben zu opfern“, als sein Schiff zu verlassen. Dem blieb er auch in der Katastrophennacht treu. Sein 20-jährige Sohn war mit an Bord und beschwor seinen Vater, sich in einem der Rettungsboote in Sicherheit zu bringen, aber der lehnte ab: „Pack dich! Ich weiß besser, was mein Amt und meine Ehre erfordern!“ Der Sohn gehörte zu den Geretteten, die Leiche des Vaters wurde am nächsten Tag am Ufer angespült. Mit ihm starben 64 Seeleute.
Der spanische König Karl II. ließ in Cádiz ein Monument zu Ehren des Admirals errichten. Diese Ehrung hatte er sich auch dadurch verdient, dass er einige Jahre zuvor mit einigen Breitseiten nordafrikanische Kaperschiffe vertrieb, die es auf eine heimkehrende spanische Silberflotte abgesehen hatten. Hamburg errichtete seinem größten Seehelden kein Denkmal und feilschte mit dem Vormund seiner Kinder über die Höhe der Entschädigungen. Erst im Jahr 1897 entstand ein Standbild Karpfangers an der Kersten-Miles-Brücke. Einige Jahre später ist eine Straße nach ihm benannt worden.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte