Cover des Buches "Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte"
Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte, ISBN 978-3-384-05017-5, 1016 Seiten, 38 Euro

1712 - Balthasar Denner, ein erfolgreicher Porträtmaler heiratet in Hamburg

Balthasar Denner gehörte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu den bekanntesten Malern Norddeutschlands. Er genoss vor allem als Porträtmaler ein hohes Ansehen, auch wenn er von Kritikern verspottet wurde als „Porendenner“, weil er auch kleinste Details der Gesichter darstellte. Er war am 15. November 1685 als Sohn einer mennonitischen Familie in Altona geboren worden. Sein Vater Jakob Denner war als mennonitischer Prediger so populär, dass auch viele lutherische Gläubige seine Gottesdienste besuchten, darunter Angehörige des schleswig-holsteinischen Adels. Seine Frau Catharina brachte acht Kinder zur Welt, darunter Balthasar als einzigen Sohn.

Balthasar erlitt im Alter von acht Jahren einen Unfall, der sein Leben veränderte. Er nutzte nämlich die Zeit der langwierigen Heilung, um zu zeichnen und fand dadurch Anerkennung, dass er Bilder mit großer Genauigkeit kopierte. Seine Eltern ermöglichten es ihm daraufhin, schon mit elf Jahren Unterricht bei einem holländischen Maler zu nehmen, der in Altona lebte. Die Eltern beschlossen aber, dass der Sohn mit 16 Jahren erst einmal eine kaufmännische Lehre bei einem Onkel in Hamburg absolvieren sollte.

Der Aufstieg zu einem bekannten Porträtmaler

Sechs Jahre später setzte der Sohn aber durch, dass er an der Preußischen Akademie der Künste studieren durfte. Er gehörte zu den wenigen mennonitischen Malern des 18. Jahrhunderts, galt doch bei vielen Mitgliedern dieser Kirche der Besitz von Gemälden als Verschwendung und unnötige Prachtentfaltung. Auch gegen die visuelle Darstellung von Menschen in Kirchen gab es im Blick auf das Bilderverbot in der Bibel Vorbehalte. Denner genoss aber trotzdem die Wertschätzung der Hamburger und Altonaer Mennoniten und dies schon deshalb, weil er auf beeindruckende Weise die Anerkennung und soziale Integration in die lutherisch geprägte Gesellschaft erreichte, die die Mennoniten als kleine religiöse Minderheit damals anstrebten.

1709 erhielt Balthasar Denner durch Vermittlung seines Vaters die ersten Porträtaufträge der Herzogsfamilie von Schleswig-Holstein-Gottorf. Besonders ein großes Gruppenporträt mit 21 Mitgliedern der Familie brachte ihm frühen Ruhm ein und hatte zur Folge, dass er Porträtaufträge von zahlreichen Herrscherhäusern bekam. Bald war er so beschäftigt, dass er sich darauf konzentrierte, die Köpfe der Persönlichkeiten zu malen, während er die Kleidung und den Hintergrund von anderen Malern in seinem Auftrag ausführen ließ.

Dass Denner so viele Aufträge erhielt, lag auch daran, dass er den Wunsch nach Repräsentationsporträts mit Akribie und Zuverlässigkeit erfüllte. Solche Porträts wurden häufig mit mehreren Kopien angefertigt, die dann an andere Höfe geschickt wurden und die eigene Bedeutung und die eigenen Herrschaftsansprüche zum Ausdruck bringen sollten.

Ein Beispiel für die politische Bedeutung der Kunst in dieser Zeit ist ein Porträt Denners von Karl Peter Ulrich, dem Sohn des Herzogs von Schleswig-Holstein-Gottorf im Jahre 1740. Die Mutter des Porträtierten war die älteste Tochter von Zar Peter dem Großen. Sie lebte im Exil in Kiel, und es ging ihr und ihrem Mann darum, den Anspruch des Sohnes auf den Zarenthron durchzusetzen. Für diesen Zweck sandte man ein Exemplar des Gemäldes an die Zarin Elisabeth, die kinderlos war. Sie adoptierte den Verwandten aus Deutschland, wozu das Gemälde entscheidend beitrug, denn sie liebte es sehr. Sie machte den Verwandten zu ihrem Thronfolger, der 1762 als Peter III. zum Zaren gekrönt wurde.

Denner verdiente mit den Porträts erfolgreich den Lebensunterhalt für seine Familie

Der Maler war bereit, die porträtierte Person in einem positiven Licht erscheinen zu lassen. Nina Schröder schrieb dazu 2015 in einem Beitrag für die Zeitschrift „Mennonite Historian“: „In seiner Produktion von Porträts ging es Denner nicht primär um seine künstlerische Autonomie oder Kreativität; diese Arbeit diente dazu, ein Einkommen zu erzielen. Es war ein Geschäftsabschluss, bei dem der Käufer eine partnerschaftliche oder sogar dominante Rolle dabei hatte, das Qualitätsniveau und die Pose zu bestimmen. Der Grad der Raffinesse beim Malen der Person und des Hintergrundes korrespondierte ganz eindeutig mit den Zahlungsvereinbarungen zwischen Künstler und Kunde .“

Bei seinen Porträts verzichtete Denner, ganz Mennonit, auf einen barock-überladenen Hintergrund und auf zu viel Pathos. Er verlangte und erhielt hohe Honorare für die Porträts und war bereits 1712, als er mit 27 Jahren heiratete, ein sehr wohlhabender Künstler. Seine Frau Esther und er hatten sechs Kinder, darunter fünf Töchter. Die Kinder waren musikalisch und künstlerisch begabt und musizierten bei den Porträtsitzungen, um die porträtierte Person und den Vater zu unterhalten. In späteren Jahren übernahmen sie auch die Aufgabe, die Porträts durch das Malen von Kleidung und Hintergrund zu vervollständigen. Besonders die Tochter Catharina zeigte hierfür ein großes Talent, machte sich aber auch als eigenständige Malerin einen Namen.

Die Werke des Malers sind in der Hamburger Kunsthalle und anderen Kunstmuseen zu sehen

Um seine vielen Aufträge ausführen zu können, reiste Denner mit seiner Familie kreuz und quer durch Europa. Er kehrte aber immer wieder in die Heimat zurück und malte auch hier Porträts. In der Hamburger Kunsthalle wird das Porträt von drei Kindern des Ratsherrn Barthold Hinrich Brockes ausgestellt. Die beiden Familien waren befreundet. Denner malte aber auch viele unbekannte Menschen. Sein „Porträt einer alten Frau“ stieß zu seinen Lebzeiten auf eine ähnlich große Begeisterung wie die Mona Lisa. Seine Reputation als Maler festigte Denner mit sehr sorgfältig ausgeführten kleinformatigen Bildern, die er vollständig selbst malte und die Eingang in die Kunstkabinette von Schlossbesitzern und in Kunstmuseen fanden.

Balthasar Denner starb am 14. April 1749 in Rostock, wo er gerade Porträtaufträge für die Herzogsfamilie von Mecklenburg-Schwerin ausführte. Kunstkritiker erhoben vom späten 18. Jahrhundert an den Vorwurf, Denner hätte sich auf die exakte, penible Darstellung der Menschen und Natur beschränkt, und es handele sich bei seinen Gemälden nicht um Kunstwerke. Aber heute wird die künstlerische Bedeutung Denners wieder anerkannt.

 

Die Hamburger Kunsthalle besitzt eine große Zahl seiner Werke. Darunter ist zum Beispiel das „Apfelstillleben“, das er im Alter von 14 Jahren malte und das bereits seine großen Fähigkeiten erkennen lässt. In Barmbek-Nord wurde eine Straße nach ihm benannt. Seit 2022 erinnert der Straßenname auch an seine Tochter Catharina, eine sehr gute Pianistin und Malerin. 

 

Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte

 

© Frank Kürschner-Pelkmann