Cover des Buches "Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte"
Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte, 1016 Seiten ISBN 978-3-384-05017-5 38 Euro

1713 – Magnus Stenbock, ein schwedischer Feldmarschall, lässt Altona niederbrennen

Die Zerstörung Altonas und das Ende der Vorherrschaft Schwedens im Ostseeraum nahmen am gleichen Tag ihren Anfang, am 8. Januar 1713. Damals standen im Großen Nordischen Krieg russische, dänische und sächsische Truppen den Schweden gegenüber. Die Gegner hatten 1712 die schwedische Festung Stralsund belagert und den Hafen blockiert. Deshalb brachte die schwedische Marine Verstärkungen nach Rügen, um von dort aus den Belagerungsring um Stralsund zu durchbrechen. Aber die Transportflotte wurde Ende September 1712 auf der Rückreise in ein Seegefecht mit dänischen Kriegsschiffen verwickelt, und ein Großteil der schwedischen Schiffe wurde zerstört oder gekapert. Der Transport weiterer Truppen, Ausrüstung und Proviant gerieten ins Stocken. Der schwedische Feldmarschall Magnus Stenbock konnte trotzdem mit etwa 10.000 Soldaten den Belagerungsring um Stralsund durchbrechen.

Stenbocks Erfolge im Nordischen Krieg

Magnus Stenbock wurde 1665 in Stockholm geboren und studierte in Uppsala und Paris, bevor er eine militärische Laufbahn begann. Von 1690 an nahm er als schwedischer Offizier erfolgreich an verschiedenen Schlachten teil und fand auch bei diplomatischen Missionen Anerkennung. Deshalb stieg er 1712 zum Feldmarschall auf. Stenbock zog nach dem Erfolg in Stralsund mit seinen Truppen durch Mecklenburg und riskierte trotz seiner bereits geschwächten Streitmacht die offene Feldschlacht gegen die Dänen. Er besiegte sie am 19. Dezember 1712 bei Gadebusch – der letzte schwedische Erfolg in diesem Krieg.

Um die dänischen Truppen zu verfolgen, zogen die Schweden nach Schleswig-Holstein, wobei sie den ausbleibenden Nachschub an Lebensmitteln durch Plünderungen ausglichen. Stenbock machte einen Bogen um das neutrale und wehrhafte Hamburg und traf am 7. Januar 1713 in Altona ein, damals mit etwa 12.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im dänischen Königreich, die aber keine Stadtbefestigung besaß.

Schwedische Truppen zerstören Altona

Beim Nahen der Schweden flüchteten die reichen Familien Altonas und retteten möglichst viel von ihren Besitztümern. Als Stenbock in Altona einritt, war kein einziges Ratsmitglied mehr in der Stadt, sodass die Bevölkerung eine kleine Gruppe von Bürgern zusammenstellen musste, die die Eroberer begrüßten. Diese unerfahrenen Bürger begingen die Fehler, dem schwedischen Feldherrn zunächst keine standesgemäße Unterkunft anzubieten und die geforderte Verpflegung der Besatzungstruppen nur zögerlich bereitzustellen. Nach der Flucht der reichen Bürger sahen die Altonaer zudem keine Möglichkeit, die von den Schweden geforderte hohe Geldsumme aufzubringen.

Am 8. Januar 1713 ordnete Stenbock an, die Stadt anzuzünden. Seine Soldaten zogen mit Pechfackeln von Haus zu Haus, und am nächsten Morgen waren fast alle Gebäude zerstört. Tausende obdachlos gewordenen Altonaer flüchteten in das Grenzgebiet zu Hamburg, mussten dort aber in eisiger Kälte ausharren, weil Hamburg seine Tore verschlossen hielt. Die Hamburger wollten nicht in den Konflikt hineingezogen werden und fürchteten zudem, dass sich die in der Stadt grassierende Pest durch die Aufnahme von Tausenden von Flüchtlingen noch rascher ausbreiten könnte. Immerhin schickte Hamburg seine Feuerwehr nach Altona, ebenso Verpflegung für die Obdachlosen.

Die schwedischen Truppen müssen kapitulieren

Nach dem Niederbrennen des unbefestigten Altonas sahen sich die Schweden mit dem Vorwurf konfrontiert, gegen das Kriegsrecht verstoßen zu haben. Stenbock ließ Altona vielleicht auch deshalb in Flammen aufgehen, weil er den Rat der Stadt Hamburg warnen wollte, der Stadt drohe ein ähnliches Schicksal, wenn sie nicht die von den Schweden geforderten 250.000 Reichstaler zahlen würde. Angesichts des brennenden Altona zahlte Hamburg. Daraufhin zogen die Schweden nach Tönning, wo sie von weit überlegenen feindlichen Kräften einschlossen wurden. Am 16. Mai 1713 musste Stenbock kapitulieren und wurde nach Kopenhagen gebracht, wo er sich in der Festungshaft als Maler und Kunsthandwerker betätigte. Eine filigrane Schmuckkette aus dem Stoßzahn eines Narwals findet bis heute viel Bewunderung.

 

Am 23. Februar 1717 starb Stenbock. Er soll die Zerstörung Altonas bereut haben. Die schwedische Vorherrschaft im Ostseeraum war mit der militärischen Niederlage im Großen Nordischen Krieg beendet. Altona hingegen profitierte davon, dass die dänischen Könige die Stadt prächtiger als vorher wiederaufbauen ließen. Ein Kupferstich des „Schwedenbrandes“ von 1719 ist im Altonaer Rathaus ausgestellt. 

 

Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte

 

© Frank Kürschner-Pelkmann