Cover des Buches "Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte"
Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte, ISBN 978-3-384-05017-5, 1016 Seiten, 38 Euro

 

1757 - Heinrich Carl Schimmelmann baut von Hamburg aus ein globales Unternehmen auf

Kein Kaufmann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat so erfolgreich die Bereicherungsmöglichkeiten in Deutschland, Dänemark und Übersee genutzt wie Heinrich Carl Schimmelmann: als Transportunternehmer, als Heereslieferant im Zweiten Schlesischen Krieg und als Anbieter von Zucker und Gewehren – vor allem aber als Sklavenhändler und Besitzer von Plantagen, auf denen die Sklaven unter unmenschlichen Bedingungen schuften mussten.

Heinrich Carl Schimmelmann wurde am 13. Juli 1724 in Demmin als Sohn des Kaufmanns Dietrich Schimmelmann und seiner Frau Esther Elisabeth geboren. 1847 heiratete er Caroline Tugendreich von Friedeborn, mit der er sieben Kinder hatte. Im Siebenjährigen Krieg gelang es Schimmelmann, der zunächst auf der Seite der sächsischen Herrscher gestanden hatte, das Vertrauen des preußischen Königs zu gewinnen und zum preußischen Geheimrat aufzusteigen. Er sorgte für die preußische Heeresverpflegung, was sich für ihn als sehr profitabel erwies.

Der König von Preußen verkaufte Schimmelmann nach seinem Sieg 1757 die erbeuteten Lagerbestände der Meißner Manufaktur zu einem niedrigen Preis. Schimmelmann war danach in Sachsen nicht mehr willkommen und ließ sich mit seiner Frau Caroline Tugendreich in Hamburg nieder. Dort verkaufte er zunächst den Inhalt von mindestens 110 Kisten Meißner Porzellan.

Großer Reichtum durch Sklavenhandel und Zuckerplantagen mit Sklavenarbeit

Mit seinem stark angewachsenen Kapital betrieb er anschließend schwer durchschaubare, aber sehr profitable Währungsgeschäfte in ganz Europa, bei denen Falschmünzerei eine wichtige Rolle spielte. Er selbst trat bei diesen Geschäften nicht in Erscheinung, sondern bediente sich Agenten. Dank solcher Geschäfte war es ihm 1759 möglich, das Gut Ahrensburg samt Schloss zu erwerben. Seine Geschäfte betrieb Schimmelmann vom Gottorper Palais nahe der Hamburger St. Michaeliskirche aus.

Dem dänischen Königshaus gelang es in Konkurrenz zu anderen Herrschern, das offenbar nicht von irgendwelchen Skrupeln geplagte Finanzgenie Heinrich Carl Schimmelmann als Berater und Investor zu gewinnen. 1768 erfolgte seine Berufung zum Schatzmeisters Dänemarks. Um die zerrütteten Staatsfinanzen des Landes zu sanieren, empfahl der Schatzmeister den Verkauf staatlicher Güter und Fabriken.

Der Historiker Christian Degn schreibt in seinem 1974 erschienenen grundlegenden Werk „Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel – Gewinn und Gewissen“: „Als ein Hauptgrund für Macht und Reichtum dieses Mannes, den man als idealtypischen Vertreter des vorindustriellen Kapitalismus bezeichnen kann, ist die kluge Kapitalanlage in produktiven und rentablen Betrieben, in Plantagen, Fabriken und Aktien zu nennen, und das in einer Zeit glänzender Konjunktur, wie sie das neutrale Dänemark erlebte. Vor allem waren es Kolonialhandel und Überseewirtschaft, aus denen Schimmelmann ebenso wie die großen Kaufleute und Unternehmer in England, Frankreich und Holland enorme Profite zu erzielen wusste. Das wichtigste ‚Produktionsmittel‘ aber waren – Sklaven.“

Unter denen, die von der Privatisierungspolitik staatlichen Besitzes in Dänemark profitierten, nahm Schimmelmann selbst einen herausragenden Platz ein. So kaufte er die Gewehrfabrik und die größte Zuckerraffinerie des Landes. 1763 erwarb er vom dänischen König Plantagen auf der damals dänischen Karibikinsel St. Thomas und den beiden Nachbarinseln St. Jan und St. Croix. Gerade einmal 359 Quadratkilometer maßen die Inseln zusammen, weniger als die halbe Fläche des Stadtstaates Hamburg. Immerhin waren die Inseln groß genug, um hier Plantagen anzulegen, auf denen mit Sklavenarbeit Zuckerrohr angebaut wurde. Das verhalf der dänischen Zuckerindustrie und der Rumproduktion (vor allem in Flensburg) zu einer Blüte.

Auf Schimmelmanns westindischen Plantagen wurden etwa 1.000 Sklaven ausgebeutet, womit er zu den größten Sklavenhaltern der damaligen Zeit gehörte. Er kaufte sogar einige kleinere Plan­tagen hinzu, um seine Zuckerfabrik in Dänemark besser auslasten zu können. Allen Sklaven brannte man die Buchstaben „BvS“ in die Haut, um sichtbar zu machen, dass sie Eigentum des Barons von Schimmelmann waren. Der Schatzmeister schrieb dem Generalgouverneur von St. Thomas, 1778 in einem Brief „Der Sklavenhandel liegt mir sehr am Herzen“ und bat ihn um seine weitere Unterstützung. Um den Generalgouverneur positiv zu stimmen, wurde dieser am Gewinn der Schimmelmannschen Sklavenhandels beteiligt.

Ein lukrativer Dreieckshandel

Durch den Kauf der königlichen Plantagen in der Karibik sowie der Gewehrfabrik und der Zuckerraffinerie in Dänemark waren die Grundlagen für ein internationales Wirtschaftsimperium gelegt. Da Dänemark das Fort Christiansborg im heutigen Ghana errichtet hatte, das dem Erwerb von Sklaven diente, konnte Schimmelmann einen sehr profitablen Dreieckshandel über drei Kontinente aufbauen. Eigene oder gecharterte Schiffe brachten Gewehre, Schnaps und billige Baumwollstoffe nach Westafrika, wo sie gegen Sklaven eingetauscht wurden. Die Schiffe transportierten die Sklaven auf die Plantagen Schimmelmanns in der Karibik oder zu den karibischen Sklavenmärkten.

Auf dem Weg zurück nach Europa nahmen die Schiffe den Rohrzucker seiner Plantagen zur weiteren Verarbeitung in Dänemark und Schleswig-Holstein an Bord. Niemand beherrschte den europäisch-westafrikanisch-karibischen Dreieckshandel so wie Schimmelmann. Mit Federkiel regierte er von seinen Kontoren in Hamburg und Kopenhagen und seinen Schlössern in Wandsbek, Ahrensburg und Lindenborg (Jütland) aus ein weitverzweigtes Geflecht von Unternehmen und Plantagen.

Dem Schatzmeister gelang es, die zerrütteten dänischen Staatsfinanzen wieder auf eine solide Grundlage zu stellen. Dabei verband er eigene wirtschaftlichen Interessen mit denen des dänischen Staates so geschickt, dass er nicht nur sehr reich wurde, sondern auch hohe staatliche Ehrungen erhielt wie die Ernennung zum Baron und die Verleihung des Elefantenordens.

Zu seinen Erwerbungen gehörte auch das Gut Wandsbek. Dort war er vor allem daran interessiert, am Rande Hamburgs einen Manufakturort aufzubauen, wo nicht zuletzt Waren für den Erwerb von Sklaven in Afrika produziert werden sollten. Deshalb förderte er Unternehmer beim Aufbau von fünf Kattundruckereien mit Darlehen und Vorauszahlungen für zukünftige Lieferungen.

Caroline Tugendreich Schimmelmann wohnte häufig im Wandsbeker Schloss, während ihr Mann von Kopenhagen aus die internationalen Familienunternehmen leitete. Wandsbek am Rande Hamburgs war damals Zollgrenzgebiet am Südende des von Dänemark regierten Holstein. Neben den Schmugglern suchten hier auch Diebe und Einbrecher Zuflucht vor der Hamburger Polizei. Deshalb mussten im Schloss Einbrüche und Überfälle befürchtet werden. Der Schatzmeister sandte seiner Frau deshalb 1781 den „Kammermohren“ Peter, der nun nachts mit einem Dolch vor ihrem Schlafzimmer wachte. Für diesen wichtigen Dienst erhielt er nur ein Achtel des Gehalts eines Kammerdieners.

Ein Gedicht von Matthias Claudius gegen die Ausbeutung der Sklaven

Als Heinrich Carl von Schimmelmann am 16. Februar 1782 starb, hatte er Dänemark dazu verholfen, zu einer bedeutenden europäischen Seemacht mit globalen Wirtschaftsverbindungen aufzusteigen. Seine Erben waren dann so geizig, dass es ein Jahrzehnt dauerte, bis das Mausoleum für ihn und seine Frau in Wandsbek neben der Christuskirche in vereinfachter Form fertiggestellt werden konnte.

Neben diesem Mausoleum befinden sich die Gräber von Matthias und Rebecca Claudius. Der Dichter hat vermutlich von einem „Kammermohren“ im Wandsbeker Schloss von den Verhältnissen auf den Zuckerplantagen in der Karibik erfahren. Er schrieb daraufhin dieses Gedicht:

    Weit von meinem Vaterlande

Muss ich hier verschmachten und vergehn;

Ohne Trost, in Müh‘ und Schande;

Ohhh die weißen Männer!! klug und schön!

 

Und ich hab‘ den Männern ohn Erbarmen

Nichts getan.

Du im Himmel! Hilf mir armen

Schwarzen Mann!

In Wandsbek erinnern noch einige Straßennamen an die Schimmelmanns und ihr Schloss. Der Zweig der Familie, der hier wohnte, sah sich gezwungen, erst Gemälde zu verkaufen und schließlich auch das Schloss samt Park. Das bereits im Verfall befindliche Schloss ließ 1861 ein Spekulant abreißen und den Park parzellieren. Das Hamburger Gottorper Palais Schimmelmanns ist 1906 beim Brand der nahe gelegenen Michaeliskirche zerstört worden. Porträts der Schimmelmanns hängen im Ahrensburger Schloss. In diesem Schloss ist viel über die Schimmelmanns zu erfahren, inzwischen auch über ihre Beteiligung an Sklavenhandel und Sklaverei.

 

Was aus dem Familienkonzern der Schimmelmanns wurde, lesen sie im Porträt von Ernst Schimmelmann

 

Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte

 

© Frank Kürschner-Pelkmann