Gärten – geschaffen mit Inspiration, Fleiß und viel Wasser

 

„Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ (1. Mose 2,15) Paradiesische Zustände, das bedeutet nach biblischen Maßstäben nicht faulenzen, sondern das Bebauen und Bewahren eines Gartens. Auch wer heute mit einem Garten leben will, muss ihn intensiv bearbeiten, soll die gezähmte Natur nicht binnen kurzer Zeit in ihren wilden Urzustand zurückkehren. Der Gärtner und die Gärtnerin als Kämpfer gegen das Chaos, das war schon in biblischen Zeiten eine alltägliche Erfahrung. Die andere Erfahrung war, dass alles Mühen und Plagen ohne ausreichend Wasser vergeblich ist. Helga Volkmann schreibt in ihrem Gartenbuch „Unterwegs nach Eden“ zu den Garten- und Wassererfahrungen in biblischen Zeiten: „Den Wüsten und Wäldern, dem Zuwenig oder Zuviel an Vegetation, mussten die umhegten Orte gedeihlichen Wachstums mühevoll abgerungen werden. Das war in den Trockengebieten des Vorderen Orients, wo die Idee des Gartens sich erstmals zu symbolischen Bildern verdichtete, primär ein Wasserproblem. Paradiesisch, das stand für wasserreich. Erst das Wasser setzt in der Erde die Wirkungskette von Vegetation und Fruchtbarkeit in Gang, es ist das belebende Elixier zur Aktivierung dessen, was wir heute das ‚Ökosystem‘ nennen. Das Wasser war bei den Völkern der Bibel und des Koran, im Gegensatz zur Sonne, dem anderen Ur-Stimulus, rar, unzuverlässig und von daher kostbar. Intelligent eingefangenes, ge­fälliges Wasser – als Voraussetzung für schattendes Blattwerk – bildete das Grundelement der Gartengestaltung.“ (S. 40f.)

 

Solche Erfahrungen der Menschheit mit dem Hegen und Pflegen von Gärten und der unerlässlichen Versorgung mit Wasser reichen viele Tausend Jahre zurück und begannen bald nachdem die ersten Sippen sesshaft geworden waren. Kleine Stücke Land, die mit Ästen und Stämmen vor wilden Tieren und Haustieren geschützt wurden, standen am Anfang einer Gartenentwicklung, an deren vorläufigem Ende postmoderne Kreationen stehen, die allen erdenklichen Zwecken dienen, nur nicht mehr der Versorgung mit lebenswichtigem Obst und Gemüse. Dazwischen liegen Jahrtausende der Gartenkunst, einer Kunst allerdings, die dank des Wachstums der Pflanzen einem stetigen Wandel unterworfen und vergänglich war.

 

In antiken Beschreibungen realer und mythischer Gärten kommt dem Wasser immer eine große Bedeutung zu. Vor mehr als 3.000 Jahren war ein großer Aufwand erforderlich, um mitten in der Wüste blühende Gärten entstehen zu lassen. Etwas erleichtert wurde diese Arbeit im antiken Ägypten durch die Entwicklung eines von Ochsen angetriebenen Wasserrades. Neben den prächtigen Palastgärten der Pharaonen wurden zahllose kleine Gärten am Nil angelegt, die dem Gemüseanbau dienten. Der Garten am Haus war für ärmere Familien die wichtigste Lebensgrundlage.

 

In Mesopotamien entstanden in ähnlicher Weise sowohl Gärten für die tägliche Versorgung als auch herrschaftliche Gärten, die der Darstellung von Macht und Reichtum und der Erholung reicher Familien dienten. Die hängenden Gärten der Semiramis über dem Tal des Euphrats fanden zahllose Bewunderer.

 

Es gibt ausführliche antike Beschreibungen dieser Gärten beim Palast von König Nebukadnezar II. Vermutlich hier wurde mit Gewölbebauten eine terrassenartige Anlage errichtet, und auf jeder der Stufen ein Garten angelegt. Nebukadnezar oder aber der Herrscher eines anderen Reiches der Region ließ Pflanzen aus allen Teilen der damals bekannten Welt holen, sodass ein botanischer Garten entstand. Kletterpflanzen stellten eine optische Verbindung zwischen den Terrassen her, sodass der Eindruck eines einzigen Gartens entstand. Antike Besucher waren von den „hängenden Gärten“ so beeindruckt und beschrieben sie in ihren Reiseberichten so begeistert, dass diese Gärten als Nummer zwei in die Liste der sieben antiken Weltwunder aufgenommen wurden.

 

Möglich wurde dieses Wunder erst durch eine aufwendige Bewässerungstechnik, denn es galt, große Mengen Wasser bis zur höchsten Terrasse zu transportieren, um den üppigen Garten zu bewässern. Allerdings, als die arbeitsintensive Bewässerung nicht mehr regelmäßig durchgeführt wurde, war dies das Ende der Pflanzenpracht unter sengender Sonne. Es ist heute nicht einmal mehr bekannt, wo die Gärten genau lagen.

 

Im Römischen Weltreich wurde der Gartenbau von England bis Nordafrika systematisch ausgebaut, schon um die kaiserlichen Legionen zu ernähren. Es wurden aber auch viele Gärten angelegt, die dem Vergnügen der reichen Besitzer dienten. Springbrunnen und Wasserspiele, Bäder und Bassins waren Zeichen des Überflusses, konnten aber nur betrieben werden, weil ausgedehnte Leitungssysteme gebaut wurden, um Wasser aus größeren Entfernungen in die Städte und zu den Gärten zu leiten. Einige erhaltene Aquädukte zeugen noch von der hoch entwickelten römischen Wasser­technik.

 

© Frank Kürschner-Pelkmann