Der Sultanspalast erinnert an die Zeit, als Prinzessin Salme eine glückliche Kindheit und Jugend auf Sansibar verbrachte.
Der Sultanspalast erinnert an die Zeit, als Prinzessin Salme eine glückliche Kindheit und Jugend auf Sansibar verbrachte. Foto: iStock.com/demerzel21

Salme: eine sansibarische Prinzessin beim Kaffeekränzchen

 

„Unser sorgloses, glückliches und zufriedenes Zusammensein sollte nur von kurzer Dauer sein“, erinnerte sich Emily Ruete, geborene Prinzessin von Oman und Sansibar, an das Leben an der Seite ihres Mannes in Hamburg. Der Kaufmann Heinrich Ruete starb nach nicht einmal drei Jahren Ehe bei einem Pferdebahnunfall. Das veränderte alles für die Einwandererin: „Ich stand nun einsam in der großen, fremden Welt, mit drei kleinen Kindern, von denen das jüngste nur drei Monate zählte.“

 

Prinzessin Salme wurde 1844 als eines von etwa 100 Kindern des Sultans auf Sansibar geboren. Sie genoss das behütete und in vieler Hinsicht freie und unbeschwerte Leben einer Prinzessin und lernte Reiten und Fechten. Salme gab all dies aus Liebe zu Heinrich Ruete auf und flüchtete 1866 auf einem britischen Kriegsschiff nach Aden. Dort ließ sie sich auf den Namen Emily taufen, heiratete und zog mit ihrem Mann in eine Villa an der Alster. Durch das Leben in der hanseatischen Oberschicht mit all seinen Konventionen und Einschränkungen für Frauen lernte sie ihre Freiheiten auf Sansibar nachträglich erst richtig schätzen.

Die Situation wurde noch schwieriger, als sie nach dem Tod ihres Mannes unter die Kuratel von zwei Vormunden gestellt wurde, die das Erbe so unklug verwalteten, dass der größte Teil verloren ging. Die Mutter von drei Kindern stand nun fast mittellos da und musste sich als Arabischlehrerin durchschlagen.

 

Emily Ruete verließ bald Hamburg und zog rastlos von einer deutschen Stadt in die nächste. Mehrmals versuchte sie, nach Sansibar zurückzukehren. Aber ihre Familie verübelte ihr die Flucht und vor allem den Religionswechsel. 1885 reiste die frühere Prinzessin an Bord eines deutschen Kriegsschiffes in die Heimat und wurde ungewollt zum Spielball der deutschen Kolonialpolitik. Falls der Sultan von Sansibar sich den deutschen Plänen zur Kolonisierung der ostafrikanischen Küste widersetzten würde, sollte die angebliche Verteidigung ihrer Interessen den Vorwand für einen Beschuss der Inselhauptstadt liefern. Aber man einigte sich mit dem Sultan, und nun wurde Emily Ruete nicht mehr benötigt und mit dem nächsten Kriegsschiff zurück nach Deutschland geschickt, wo sie 1924 in Jena starb. Ihr Buch „Leben im Sultanspalast“ räumt mit all den Vorurteilen über das Leben im Orient auf, die ihr bei Hamburger Kaffeekränzchen immer wieder begegnet waren. So hat sie wenigstens literarisch eine Brücke zwischen Sansibar und Hamburg geschlagen.

 

© Frank Kürschner-Pelkmann