Logo der "Fellowship of the Least Coin"
Logo der "Fellowship of the Least Coin". Das Logo zeigt sechs betende Hände in verschiedenen Farben, die Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund repräsentieren. Gemeinsam formen die betenden Hände das Bild einer Lotusblume.

Gemeinschaft der kleinsten Münze ­- Fellowship of the least Coin

 

„Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das ist ein Heller. Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.“ (Markus 12,41-44)

 

Die biblische Geschichte vom „Scherflein der Witwe“ hat die ökumenische Gemeinschaft „Fellowship of the Least Coin“ (FLC) inspiriert, arme Frauen in aller Welt in eine Aktivität einzubeziehen, zu der sie trotz ihrer geringen materiellen Ressourcen beitragen können. Die Initiative für diese „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ ging 1956 von der indischen Christin Shanti Solomon aus. Sie hatte bei einer ökumenischen Reise durch verschiedene asiatische Länder erlebt, wie groß die gegenseitige Ablehnung und der Hass unter den Völkern ein Jahrzehnt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren. Deshalb schlug sie vor, dass Frauen in Asien und in anderen Teilen der Welt durch Gebete und gemeinsames positives Handeln bestehende Gräben überwinden und Geschwisterlichkeit schaffen.

 

An der „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ können sich Frauen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage beteiligen. Sie bringen ihre Gemeinschaft im Glauben dadurch zum Ausdruck, dass sie nach jedem Gebet eine Münze mit dem niedrigsten Wert zurücklegen, die es in der Währung ihres Landes gibt. Auf die kleinste Münze verständigte man sich, um auch den ärmsten Frauen Gelegenheit zu geben, Teil dieser Gemeinschaft zu sein. Das Geld wird für Vorhaben verwendet, durch die die Frauen ihre Solidarität mit leidenden Menschen und mit den Frauen aller Nationen der Welt zum Ausdruck bringen. [1]

 

Nach zehn Jahren beteiligten sich bereits Frauen aus 24 Ländern an der „Fellowship of the Least Coin“, nach drei Jahrzehnten schon Frauen aus 80 Ländern. Inzwischen ist die Gemeinschaft fest verankert in der weltweiten ökumenischen Bewegung und bei vielen ökumenischen Treffen wie den Vollversammlungen regionaler Kirchenkonferenzen vertreten. Das internationale Sekretariat befindet sich auf den Philippinen.

 

Das Teilen von Gebeten und von kleinen Münzen

 

Alle zwei Jahre erscheint unter dem Titel „Circle of Prayer“ eine Sammlung von Meditationen und Gebeten von Frauen aus allen Teilen der Welt. Für die Zusammenstellung dieser Broschüren, den Austausch von Erfahrungen und Einsichten der weltweiten Gemeinschaft und die Verwendung der eingegangenen Gelder sorgt ein Internationales Komitee. Frauen tragen so mit den kleinsten Münzen dazu bei, dass Frauenprogramme in allen Teilen der Welt unterstützt werden können, zum Beispiel Bildungs-, Gesundheits- und Friedensvorhaben von Frauen.

 

Auch werden ökumenische Frauenprogramme gefördert, und es wird Hilfe in Katastrophensituationen geleistet. Zu erwähnen sind schließlich Kurse für Frauen, die Leitungsaufgaben anstreben oder übernommen haben sowie Stipendien. [2]

 

Wo kleine Münzen geschätzt werden

 

In einer Selbstdarstellung schreibt die „Fellowship“: „Die Gaben sind einzigartig, weil alle, seien sie nun reich oder arm, mit oder ohne Schulbildung, aus der Stadt oder vom Lande nur die kleinste Münze ihrer heimatlichen Währung geben ... Die ‚kleinste Münze‘ lehrt uns, bescheiden zu sein, auch die kleinsten Beiträge wert zu schätzen und darauf zu vertrauen, dass für Gott nichts unmöglich ist, der große Dinge tun kann aus dem Kleinsten und Unerwarteten.“ [3]

 

Dies sind Vorstellungen und eine Praxis von weltweiter Zusammenarbeit, die den vorherrschenden Formen der Globalisierung eine lebendige Alternative entgegenstellen. Eine andere Welt ist möglich, lautet die Botschaft der Frauen in aller Welt, die jede für sich beten und handeln – und gemeinsam einen Beitrag dazu leisten, unsere Erde menschlicher zu machen.

 

Anlässlich des 60-jährigen Bestehens der „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ schrieb 2016 der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Olav Fykse Tveit, in einem Grußwort: „Wir sind zutiefst stolz darauf, dass es uns möglich ist, ihren Dienst zu unterstützen … Meine Schwestern, lasst uns dafür beten, dass wir uns weiterhin gemeinsam auf den Weg machen, damit Gerechtigkeit und Treue einander begegnen und Liebe und Frieden einander umarmen. Denn dies ist das Evangelium, dem wir Gestalt geben wollen in unserer Suche nach Einheit.“[4]

 

Das Scherflein der Witwe in Westfalen

 

Leider ist die „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ in Deutschland noch wenig bekannt, aber es gibt einzelne positive Beispiele. Pastorin Birgit Reiche hat 2017 in einer Andacht von einer Frau berichtet, die sich dieser Initiative angeschlossen hat: „Margret beendet ihr Gebet. Sie greift zu ihrer Tasche, holt das Portemonnaie heraus, nimmt das Kupfergeld aus dem Münzfach und legt es in eine kleine Dose. Heute sind es sieben Cent, zwei Zwei-Cent-Münzen und drei einzelne Cent-Münzen. Als sie damals als Delegierte ihres Kirchenkreises auf den Philippinen die Idee der ‚Gemeinschaft der kleinsten Münze‘ kennengelernt hat, war sie ganz begeistert. Das ist jetzt fast 25 Jahre her. Seitdem fühlt sie sich dieser internationalen Frauen-Gebetsgemeinschaft verbunden. Und seitdem beendet sie mehrmals die Woche ihr Gebet mit dem Griff zur Geldbörse: Jeweils die Kupfermünzen finden ihren Weg in die Dose, die sie damals mitgebracht hatte. [5]

 

Die Witwe und Mutter von drei Kindern gehört zu den Armen in unserem insgesamt reichen Land. Sie hat treu die kleinen Münzen gespendet, obwohl sie immer sehr rechnen musste, um mit ihrem wenigen Geld auszukommen. Sie hat auch weiterhin getan, als sie von ihrer kleinen Rente die Miete nicht mehr bezahlen konnte und in eine kleine Wohnung ziehen musste.

Mehr als zwanzig Euro kommen im Jahr nie zusammen. Es wären zu hohe Bankgebühren fällig, um diesen Betrag auf die Philippinen zu überweisen, und so spendet sie den Inhalt ihrer Dose jedes Jahr für einen guten Zweck, zum Beispiel für Initiativen gegen Kinderprostitution und Menschenhandel.

 

Aus der Andacht von Pastorin Reiche erfahren wir: „Oft muss Margret an die Geschichte vom Scherflein der Witwe aus dem Markus-Evangelium denken, wenn sie ihre Cent-Stücke in die kleine Dose legt. Jesus setzt sich in den Tempel und beobachtet die Leute dabei, wie sie ihre Kollekte geben. Er sieht die Reichen, die viel geben können und die Armen, die trotz ihrer Armut auch ihren Teil beitragen wollen. Er macht seine Jüngerinnen und Jünger darauf aufmerksam. Margret gefällt es, dass Jesus die kleinen Münzen wertschätzt, die eine arme Witwe im Tempel spendet. Auch wenn sie sich nicht wirklich vergleichen kann mit der Witwe aus der Bibel – sie hat das Gefühl, dass Jesus auch ihre Blechdose mit den Kupfermünzen gefallen würde.

© Frank Kürschner-Pelkmann

 



[1] Vgl. Lakshmi K. Daniel (Hrsg.): Many Prayers, One Prayer – Reconciliation and Hope through the Fellowship of the Least Coin, Bangkok 1999 

[2] Vgl. Fellowship of the Least Coin: Messages and Reports 2020 2020+FLC+Messages+&+Reports.pdf (squarespace.com)

[3] Faltblatt „The Fellowship of the Least Coin – A global movement of prayer for peace, justice and reconstruction“

[4] WCC shares greetings to Fellowship of the Least Coin, on 60th anniversary, WCC News, 13.10.2016 

[5] Cent für Cent Hoffnung, Andacht von Birgit Reiche, Unsere Zeitung, Evangelische Wochenzeitung, 19.3.2017