Evangelikale und Pfingstler in Lateinamerika angesichts der Globalisierung

 

„Wir leben heute in einem religiösen Supermarkt, wo die Gesetze des Marktes bestimmen, was im Angebot ist.“ So beschreibt Dennis Smith, Kommunikationsdirektor des Latin American Evangelical Center for Pastoral Studies (CELEP) in Guatemala, die Folgen der aggressiven Vermarktung von Religion in Lateinamerika: „Religion ist schlicht eine weitere Ware geworden, die man kauft und konsumiert.“[1]

 

In Guatemala werben Hunderte von Kirchen und Sekten um „Kunden“ auf dem Religionsmarkt und in vielen anderen Ländern Lateinamerikas und der Karibik sieht es ähnlich aus. Die religiöse „Szene“ auf diesem Kontinent und in anderen Teilen der Welt ist schwer durchschaubar geworden. Während die etablierten Kirchen vielerorts Mitglieder verlieren, steigt die Zahl der Anhänger von Pfingstkirchen und charismatischen und evangelikalen Kirchen, wobei ein häufiger Wechsel von Gläubigen von einer Kirche zur anderen zu beobachten ist. Nur in Umrissen lässt sich erkennen, wie die ökonomischen Veränderungen, die unter den Stichworten Deregulierung, Liberalisierung und Globalisierung zusammengefasst werden, auf diese religiösen Entwicklungen Einfluss nehmen. Dass eine Wechselbeziehung besteht, ist aber offenkundig.

 

Die Gewinner und die Ausgestoßenen der herrschenden Globalisierung haben unterschiedliche Wege gewählt, in ihrem religiösen Leben mit der veränderten Lebenssituation fertig zu werden. Gewiss lässt sich die kirchliche und theologische Entwicklung der letzten Jahre in Lateinamerika nicht nur als Folge der Globalisierung charakterisieren. Doch ist es wichtig, der Frage nachzugehen, welche Interdependenzen bestehen.

 

Diejenigen, die in den sozialen Sektoren leben, die zur globalen Wirtschaft gehören, haben ihre heimische Kultur, ihre Lebensweise und ihre religiösen Vorstellungen nicht einfach auf dem Altar der Globalisierung geopfert. Sie versuchen, das, was aus anderen Teilen des Globus auf sie einstürzt, mit dem in Einklang zu bringen, was ihre Familie und sie seit Langem trägt und einen Sinn im Leben gegeben hat. Viele wohlhabende Menschen schließen sich in dieser Situation einer der neuen christlichen Kirchen an, die ein „Evangelium des Wohlstands“ predigen.[2]

 

Diese Kirchen bejahen Reichtum und das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg und geben dem einen religiösen Sinn. Zu diesen Kirchen gehört auch die neo-pfingstlerische „Universale Kirche des Reiches Gottes“, die auch viele arme Leute anspricht. Ihnen wird, so Wanda Deifelt, Professorin für Systematische Theologie an der lutherischen theologischen Hochschule in Sao Leopoldo, „eine unmittelbare Belohnung angekündigt, wenn sie einen finanziellen Beitrag an die Kirche leisten ... Ein Gebet zu Gott wird (gemäß dieser Theologie) fast so etwas wie eine Geschäftstransaktion. Wenn ich Gott etwas gebe, muss Gott mir etwas geben.“[3]

 

Wird also auch den Armen mit dieser Theologie die Aussicht auf Reichtum versprochen oder vorgegaukelt, so hat die Theologie des Wohlstands vor allem für diejenigen längerfristig eine Attraktivität, die unter den herrschenden Wirtschaftsbedingungen tatsächlich Aussicht haben, immer reicher zu werden, und die dies dank dieser Botschaften mit Überzeugung und gutem Gewissen tun können.

 

Eine weitere Gruppe der zum „globalen Sektor“ gehörenden Gewinner sieht Religion und auch die christliche Religion als Bewahrung ewiger Werte und Traditionen an und besucht deshalb Kirchen, in denen das Althergebrachte zelebriert wird, also die römisch-katholische oder evangelische Liturgie so gefeiert wird, wie dies traditionell der Fall war. In solchen Gemeinden haben Predigt und Theologie nicht primär die Funktion, den neuen Reichtum mit Sinn zu füllen, sondern die ewigen Wahrheiten in einer verständlichen, aber nicht gar zu modernen Sprache zu vermitteln. Das Religiöse wird klar vom Alltagsleben getrennt, und die Feierlichkeit, die Ergriffenheit und Stille bilden den ruhenden Pol in einem Leben, das ansonsten durch hektische Geschäftigkeit geprägt ist. Die Feier des Glaubens wird zum gesellschaftlichen Ereignis und der Glaube selbst zur Privatsache.

 

Eine dritte Gruppe von Christen fürchtet den Halt in einer chaotisch gewordenen Welt zu verlieren, und versucht deshalb, zu den Grundlagen oder Fundamenten des Glaubens zurückzukehren. Darunter sind viele junge Leute mit guter Ausbildung, die durch eben diese Ausbildung von der eigenen Kultur und den eigenen religiösen Traditionen entfremdet wurden und die zum Beispiel Probleme haben, naturwissenschaftliche Erkenntnisse und biblische Überlieferung in Einklang zu bringen. Je weiter sie in die Welt der Naturwissenschaft und Technik eindringen, desto stärker scheinen sie sich von der Welt des überlieferten Glaubens zu entfernen. Diese Christinnen und Christen empfinden es dann als große Erleichterung, dass konservative Prediger mit großer Überzeugungskraft darauf beharren, „die Bibel habe recht“, Wort für Wort, egal, was skeptische Naturwissenschaftler oder Historiker sagen mögen. Sie bilden einen wichtigen und einflussreichen Teil der breiten kirchlichen Bewegungen, die im weiteren Sinne als fundamentalistisch einzuordnen sind.

 

Auf der anderen Seite stehen die „ewigen Verlierer“ des Prozesses der Globalisierung, all die Millionen Menschen, die im Prozess der weltwirtschaftlichen Verflechtung früher nicht benötigt wurden, heute nicht benötigt werden und aller Voraussicht nach nie benötigt werden. Der brasilianische Befreiungstheologe Paulo Suess stellt fest: „Immer mehr werden vom Arbeitsprozess überhaupt ausgeschlossen, Menschen, die nicht einmal mehr in der Favela einen Platz finden.“ Der anglikanische Bischof Randolf George (Guayana) warnt davor, dass „der Kult des Wirtschaftswachstums zur Zerstörung menschlicher Beziehungen führt, was darin zum Ausdruck kommt, dass der Schutz durch Gewerkschaften beseitigt, Obdachlosigkeit geschaffen und die Gesellschaft in wachsendem Umfang in die geteilt wird, die am wirtschaftlichen Fortschritt teilhaben, und die große Mehrheit, die in dieser Wirtschaft als Produzenten und Konsumenten irrelevant sind.“[4]

 

Nicht zuletzt als Folge der Fernsehbilder aus aller Welt nehmen die „Verlierer“ wahr, wie jene leben (oder angeblich leben), die zu den Gewinnern gehören, zu denen, die in das System integriert sind und von ihm profitieren. Eine mögliche Reaktion auf diese Erkenntnis ist die Flucht in jenseitsorientierte religiöse Vorstellungen, die von einer großen Zahl von christlichen (sowie anderen religiösen) Gruppen in den Armenvierteln der großen Städte angeboten werden.

 

Oft ist das Vertrösten aufs Jenseits gekoppelt mit einer Verdammung der jetzigen bösen Welt. Je schlimmer die Verhältnisse in dieser Welt sind, desto näher kommt der Tag, an dem diese Welt des Bösen in sich zusammenbrechen und das herrliche Reich Gottes beginnen wird. Die apokalyptischen Texte am Ende des Neuen Testaments bieten viele Anknüpfungspunkte dafür, das Weltende zu erwarten.[5]

 

In dieser Hoffnung liegt der Erfolg eines Teils der Pfingstbewegung unter den Armen begründet. Charles E. Self schreibt hierzu: „Die mit der Urbanisierung einhergehende Entwurzelung und die schreckliche Armut der überwältigenden Zahl der Menschen haben ein Vakuum geschaffen, das die Pfingstbewegung ausfüllen kann.“[6]

 

Diese Pfingstgruppen bieten eine andere Theologie und Spiritualität als die Basisgemeinden, aber doch eine ähnliche Erfahrung von Gemeinschaft in einer überschaubaren Gruppe, in der man einander hilft. Manche dieser Pfingstbewegungen erhalten beträchtliche Finanzmittel aus Übersee (vor allem aus Nordamerika), sodass sie Entwicklungsprogramme finanzieren können. Diese vom Ausland abhängigen Pfingstgemeinden sind vor allem in Zentralamerika von großer Bedeutung für das Entstehen dieser Bewegung gewesen, auch wenn sich mittlerweile viele der Gemeinden von ihren nordamerikanischen Gründern emanzipiert haben.[7]

 

Viele Gruppen in der insgesamt sehr heterogenen Pfingstbewegung sind in den letzten Jahren angesichts der unübersehbaren Verelendung dazu gekommen, sich für Veränderungen einzusetzen, die das Alltagsleben der Menschen verbessern. Dies ist nur ein – allerdings wachsender – Teil der Pfingstbewegung. Das Spektrum der Aktivitäten reicht von direkten Hilfsprogrammen für die eigenen Mitglieder, die es attraktiver machen, sich der jeweiligen Gruppe anzuschließen, bis zu Vorhaben, die dem ganzen Gemeinwesen zugute kommen wie zum Beispiel der Bau einer Wasserleitung. Auch die Auseinandersetzung mit Strukturen des Unrechts nimmt zu.[8]

 

Diese Auseinandersetzung ist um so mehr geboten, als der Großteil der Mitglieder der Pfingstgemeinden zu den Armen gehört, die von den Wirtschaftskrisen und der hohen Verschuldung der lateinamerikanischen Staaten besonders betroffen sind. Viele von ihnen sind in den informellen Sektor abgedrängt worden, und damit ist nicht nur ein ökonomischer Abstieg, sondern auch ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit verbunden, wie in einer pfingstkirchlichen Analyse dargestellt wird: „Dadurch, dass sie im so genannten ‚informellen Sektor’ der Wirtschaft angesiedelt sind, das heißt außerhalb des Bereiches einer sicheren bezahlten Stellung, entsteht bei den Armen die Illusion, dass sie allein die Kontrolle über ihr Leben haben und dass infolgedessen ihre soziale Lage die Frucht ihrer eigenen Verantwortung oder Verantwortungslosigkeit ist. So empfinden sie ihre Lage nicht als unterdrückt; man ist arm durch eigenes Verschulden oder vielleicht durch Schicksalsbestimmung.“[9]

 

Viele Verlierer der Wirtschaftskrise Lateinamerikas, ist daraus zu schließen, haben die Ideologie des freien Marktes so weit übernommen, dass sie sich selbst für ihre Misere verantwortlich machen. Überzeugender ließe sich die Notwendigkeit nicht begründen, sich in den Pfingstkirchen mit dem institutionalisierten Bösen und seiner Ideologie auseinanderzusetzen. Ein wichtiger erster Schritt, den die Pfingstbewegung insgesamt leistet, besteht darin, die innere Kraft und das Selbstbewusstsein der Menschen zu stärken und sie in ein Gemeinschaftsleben einzubinden. Besonders in den anonymen, rasch wachsenden Metropolen ist solche Gemeinschaft überlebenswichtig.[10] Auch eine religiös bestimmte grundlegende Veränderung der eigenen Lebensweise kann sehr positive Auswirkungen haben.[11]

 

Es gibt aber auch jene in ihrer Theologie und Praxis sehr umstrittenen Pfingstgemeinden und -kirchen, die immer wieder ein negatives Bild erzeugen, das dann nicht selten auf den ganzen Protestantismus übertragen wird. Ein besonders krasses Beispiel dafür ist die „Universale Kirche der Herrschaft Gottes“ mit Hauptsitz in Brasilien und missionarischen Aktivitäten bis nach Europa und Asien. Die Kirche erregte weltweit und vor allem in Brasilien selbst Aufmerksamkeit, als einer ihrer Pfarrer während eines religiösen Fernsehprogramms eine Marien-Statue zerstörte, und so die katholische Kirche und ihre Glaubensüberzeugungen vor laufender Kamera attackierte. Der Schock in der brasilianischen Gesellschaft war groß, und die „Evangelikale Vereinigung Brasiliens“ verurteilte diesen barbarischen Akt.[12]

 

Die Pfingstkirchen reagieren also auf sehr unterschiedliche Weise auf die sozialen Herausforderungen und den Prozess der Globalisierung. Es scheint sich aber eine Tendenz abzuzeichnen, sich verstärkt in der Gesellschaft zu engagieren, und dies vor allem bei den Gemeinden und Kirchen, die sich von den Gründungskirchen aus dem Norden emanzipiert haben oder von vornherein als lokale Kirchen entstanden sind. Mit der stärkeren Öffnung für soziale Anliegen korrespondiert eine stärkere Offenheit zur ökumenischen Zusammenarbeit.[13]

 

Immer stärker sehen auch die Pfingstkirchen sich durch den Prozess der Globalisierung herausgefordert. Das stellt zum Beispiel Gamaliel Lugo Morales, Präsident der Vereinigung der evangelischen Pfingstler Venezuelas, in einem Aufsatz dar: „Es ist wichtig, aber zugleich auch schwierig, von Mission und Einheit im Kontext der Globalisierung und einer Situation des ‚jeder und jede für sich selbst’ zu sprechen, in der individualistischen Welt der freien Marktwirtschaft. Wir leben in einem Kontext, der von den individualistischen kommerziellen Werten der freien Marktwirtschaft so sehr vergewaltigt, geteilt und geprägt ist, dass es fast so scheinen könnte, als seien Bemühungen in Richtung auf Einheit, Dialog, Solidarität und gegenseitige Hilfe unwichtig. Aber es ist die Kultur der Solidarität und gegenseitigen Hilfe, die uns dabei helfen kann, Diskriminierung, Rassismus, Korruption, rasch zunehmende Verarmung und eine sich ständig verschlechternde Lebensqualität zu bekämpfen, in die die Mächte dieser Welt uns gestürzt haben.“[14] Gamaliel Lugo Morales spricht in diesem Zusammenhang von einem Kairos für die pentekostalen Kirchen.[15]

 

Das rasche Wachstum der Pfingstkirchen und anderer charismatischer und evangelikaler Gruppen (die Abgrenzung ist in der Praxis oft schwierig) ist in allen Teilen der Welt ein Anlass für die etablierten Kirchen, über die eigene Theologie und die nicht selten recht starren Formen des eigenen Gottesdienst- und Gemeindelebens nachzudenken. Humberto Kirchheim, Präsident der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB), stellt die Lage in einem Interview so dar: „Wir befinden uns in Brasilien in einem theologischen Supermarkt. Die IECLB muss sich auf diesem Markt behaupten. Auf der einen Seite fragen wir uns, warum sie (die Pfingstler) es schaffen so viele Menschen anzuziehen und zu faszinieren und wir nicht. Damit will ich sagen, dass es nichts bringt, wenn wir diese Bewegungen nur abschätzig betrachten und kritisieren. Wir müssen uns fragen, ob unsere Kirche zu kopflastig ist. Wir versuchen, in unseren Gottesdiensten wieder mehr auf die Leute zuzugehen, mehr Gefühle zu äußern.“[16]

 

Es lässt sich nicht übersehen, dass eine stärkere Beteiligung der Laien wesentlich zur Attraktivität der neuen religiösen Gruppen beiträgt. Außerdem geraten die großen Kirchen mit ihren zahlreichen Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen in ein Dilemma. Unter dem Druck wachsender Verschuldung und von Strukturanpassungsmaßnahmen reduzieren die Regierungen nicht nur eigene Angebote auf diesen Gebieten, sondern auch die Zuschüsse zu kirchlichen Einrichtungen.

 

Die Auseinandersetzung über die Zukunft des Christentums in Lateinamerika wird auch theologisch und durch die theologische Ausbildung geführt. Für viele Pfarrer und Gemeindeleiter christlicher Kirchen gilt, dass sie vor der Gefahr stehen, durch Traktate, vereinfachende theologische Bücher sowie theologische Fernkurse von im weiteren Sinne fundamentalistischen Gruppen in den USA in ihrem theologischen und sozialethischen Denken beeinflusst zu werden. Dieser Typus von neuer Mission nutzt die Möglichkeiten der modernen Massenkommunikation und der weitgehend ungehinderten Reisemöglichkeiten in viele Länder der Welt, um mit ähnlichen Methoden wie internationale Konsumgüterkonzerne die eigene Botschaft zu verbreiten: Das Evangelium wird in individualistischer Weise mit den Werten der westlichen Konsumgesellschaft verbunden, die Marktwirtschaft theologisch gerechtfertigt und überhöht. John Stam, Theologe in Costa Rica, stellte alarmiert fest: „Du kannst in fast jede Kirche gehen und es ist Pat Robertson, der die Theologie geprägt hat. Die Fernsehprediger sind zu den heutigen Theologen geworden. Und die Leute bekommen ihre Theologie eher aus dem Fernseher, denn von der Kanzel.“[17]

 

Interessanterweise sind diese Missionsinitiativen und Kirchen für manche Gläubige gerade wegen ihrer Verbindungen zur westlichen Welt attraktiv. Dank des Geldes aus Übersee werden eine Reihe finanziell gut ausgestatteter Positionen vergeben. Es besteht sogar die Chance, ein Stipendium nach Übersee zu erhalten, also zu den Akteuren einer religiösen Globalisierung zu gehören. Die Auseinandersetzung um die Herzen und die Theologie der Christinnen und Christen in Lateinamerika hat sich verschärft, und es stellt sich die Frage, wie die ökumenische Bewegung darauf vorbereitet ist und wie sie reagiert.

 

 

Dieser Text ist der 2002 erschienenen Studie „Gott und die Götter der Globalisierung - Die Bibel als Orientierung für eine andere Globalisierung“ entnommen, die das Evangelische Missionswerk in Deutschland herausgegeben wurde.

 

© Evangelisches Missionswerk in Deutschland, Hamburg

 

Verfasser: Frank Kürschner-Pelkmann

 


 



[1] Zitiert nach: Latinamerica Press, 26.9.1996, S. 7

[2] Vgl. Scott Appleby: Wohlstandspredigt für die Armen, in: der überblick, 1/97, S. 36ff.; die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien hat diese Theologie immer wieder kritisiert. Kirchenpräsident Huberto Kirchheim äußerte 1996: „Wir können nicht mit Kirchen einverstanden sein, die die Wohlstandsideologie predigen, mit der Gutgläubigkeit einfacher Menschen Geschäfte machen und das Volk mit falschen Versprechungen hinters Licht führen.“ Zitiert nach: Lutherische Welt-Information, 16/96, S. 2

[3] Zitiert nach: Ecumenical News International, 29.10.1998

[4] Zitiert nach: Latinamerica Press, 26.9.96, S. 5

[5] Carl Amery schreibt über die Folgen einer solchen Erwartung des nahen Weltendes: „Es zeigt sich, dass eine fundamentalistische Eschatologie, eine Erwartung des großen Knalls oder der großen Entrückung, ihre Anhänger zwangsläufig jeder grundsätzlichen Verantwortung für die Weiterexistenz eines bewohnbaren Planeten enthebt ...“ Carl Amery: Global Exit, München 2002, S. 163

[6] Charles E. Self: Bewusstseinsbildung, Bekehrung und Konvergenz: Überlegungen zu Basisgemeinden und zur aufkommenden Pfingstbewegung in Lateinamerika, in: Pfingstbewegung und Basisgemeinden in Lateinamerika, Weltmission heute 39, Evangelisches Missionswerk in Deutschland, Hamburg 2000, S. 78

[7] Aus pfingstkirchlicher Perspektive schreibt hierzu Juan Sepúlveda: „Die lateinamerikanische Pfingstbewegung ist außerordentlich vielfältig und heterogen. Das hat wesentlich mit den unterschiedlichen Ursprüngen zu tun. Grob gesagt kann man die Pfingstbewegung, die aus lokalen Erweckungsbewegungen entstanden ist – praktisch gleichzeitig mit der Entstehung der Bewegung in den Vereinigten Staaten – von der Pfingstbewegung missionarischen Ursprungs unterscheiden, die später durch die Arbeit von Kirchen, im Allgemeinen nordamerikanischen Ursprungs und schon weitgehend institutionalisiert, entstanden ist. Während der erste Typ, der besonders in Chile und Brasilien ausgeprägt ist, durch ein höheres Maß an ‚Inkarnation’ in die bodenständige Kultur und ein geringeres Maß an lehrmäßiger Fixierung gekennzeichnet ist, weist der zweite Typ eine größere kulturelle (und finanzielle) Abhängigkeit vom Ort seiner Herkunft und ein größeres Maß an lehrmäßiger Fixierung auf.“ Juan Sepúlveda: Pfingstbewegung und Befreiungstheologie, in: Pfingstbewegung und Basisgemeinden in Lateinamerika, a. a. O., S. 83f.

[8] Hierzu schreibt Charles E. Self: „Die Pfingstler, die immer schon der Weltlichkeit gegenüber misstrauisch waren, empfinden eine grundlegende Verpflichtung, Mitarbeiter Gottes zu sein bei der Erlösung der Welt von allen Aspekten der Sündhaftigkeit, einschließlich der institutionellen Unterdrückung.“ Charles E. Self, a. a. O., S. 80

[9] Juan Sepúlveda, a. a. O., S. 85

[10] Graciela Chamorro hat diese Wirkungen der Pfingstkirchen in Lateinamerika so beschrieben: „Die pfingstlerischen und charismatischen Bewegungen verfügen über eine Magie, das tägliche Chaos der Menschen in Kosmos zu verwandeln. Sie können Gott direkt ansprechen und sie fühlen sich zugehörig und angenommen. Sie kommen in den Genuss einer neuen Geschwisterlichkeit und rekonstruieren dadurch, indem sie sich an ihrer Familienvorstellung orientieren, eine Gemeinschaft des Widerstands.“ Graciela Chamorro: Mission und Entwicklung, Die Frage nach der spirituellen Dimension des Kirchlichen Dienstes, in: Die Hoffnung heißt Leben, EED Dokumentation, Bonn 2001, S. 36. In ähnlichem Sinne schreibt der pfingstkirchliche Theologe Daniel Chiquete über die Pfingstler in Mexiko Stadt: „In Gesellschaften wie der der mexikanischen Weltstadt mit ihrem hohen Grad an Anonymität gelingt es den pentekostalen Gemeinden... die Individuen in einer Identität vermittelnden Gemeinschaft zusammenzuhalten. Die Kirche ermöglicht ihnen, einer Gemeinde anzugehören, in der sie lebenswichtige Gefühle und Sympathien erleben können, um sie der urbanen Gleichgültigkeit und Kälte entgegenzusetzen. Sie helfen den Menschen, ihr emotionales und psychisches Gleichgewicht und ihre Gesundheit zu bewahren. Die charismatischen Praktiken und die Übung einer strengen Moral sind auch wichtig für den Aufbau der Gruppenidentität und für die Förderung des Selbstwertgefühls.“ Daniel Chiquete: Pentekostale Kirchen in der Metropole, in: Jahrbuch Mission 2001, Kirche in der Stadt, Hamburg 2001, S. 156f.

[11] Dazu schreibt José Comblin: „Die Mitglieder der Pfingstkirchen halten sich von den Fehlern der Weltgesellschaft fern: Sie trinken nicht, sie rauchen nicht, sie tanzen nicht, sie spielen nicht, sie huren nicht herum ... Damit bieten die charismatischen Freikirchen eine Antwort auf den moralischen Verfall des gegenwärtigen sozialen Systems.“ José Comblin: Lateinamerika in der Globalisierung, in: Giancarlo Collet: Weltdorf Babel, Globalisierung als theologische Herausforderung, Münster 2001, S. 78

[12] Vgl. hierzu Latinamerica Press, 26.10.1995 und 26.9.1996 sowie Ecumenical News International, 7.5.1997

[13] Angesichts des zahlenmäßigen Gewichts der Pfingstkirchen in Lateinamerika fürchten allerdings manche protestantische Kirchen, dass sie in ökumenischen Zusammenschlüssen wie dem regionalen Kirchenrat CLAI rasch in eine Minderheitssituation geraten würden, wenn die Pfingstkirchen in größerer Zahl als bisher beitreten würden.

[14] Vgl. den Beitrag „Pentecostal blessing or threat? A challenge to Latin American ecumenism” von Paul Jeffrey, Ecumenical News International, 19.1.2001

[15] Gamaliel Lugo Morales: Moving forward with the Latin American Pentecostal Movement, in. International Review of Mission, Oktober 1998, S. 509

[16] Gespräch mit Humberto Kirchheim, in: Eine Welt, 1/99, S. 19

[17] Zitiert nach: Latinamerica Press, 26.9.1996, S. 6